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Die Firma AZLK (früher MZMA und noch früher KIM) in Moskau stellte seit den dreißiger Jahren Autos her, seit 1945 hießen diese Autos "Moskwitsch", was übersetzt "Moskauer" heißt. Begonnen hat es mit Lizenzproduktionen des Ford A, eine Know-How-Spritze gab es 1945 in Form der Produktionsanlagen des Opel Kadett, aber dann entstanden hier ab den 50-er Jahren Meilensteine des sowjetischen Automobilbaues, wie 1957 der geniale Moskwitsch 410. Er war der erste PKW der Welt, der mit Allradantrieb in größerer Stückzahl (ca. 9100 Exemplare) in Serie ging. (Bild rechts) | |
1964 wurde der Moskwitsch 408 vorgestellt, er bekam eine neue Karosserie und einen verstärkten Motor, der weiterhin auf der Opel-Maschine beruhte. Das Fahrzeug war relativ modern designed, sehr solide aufgebaut, geländegängig und sehr wartungsfreundlich. Er war das ideale Fahrzeug für den russischen Inlandsmarkt, wurde aber auch schon als Moskwitsch Scaldia, Moskwitsch Carat oder Moskvich Elite in viele Länder exportiert. So brachte das britische Motor-Magazin 1966 unter der Überschrift "Ein russisches Paradoxon" einen ausführlichen Test heraus, in dem der Wagen für sein robustes, komfortables Fahrwerk, seine Wartungsfreundlichkeit und seinen unermüdlichen Motor einiges Lob bekam. Man vermerkte aber auch das "der Mangel an Aufmerksamkeit für Themen wie Vibrationen und Getriebegeräusche, schwergängige Bremsen und die schlechte Beschleunigung viel von der Sahne aus der Borschtsch genommen hat". Den Konstrukteuren des Moskwitsch waren diese noch bestehenden Defizite sehr wohl bewußt. Die Verbesserungen am Nachfolger betrafen dann auch wirklich jeden der aufgeführten Punkte. |
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Der Moskwitsch 412(1967-1975) |
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Zwar wurde der neue Moskwitsch 412 in der DDR-Zeitschrift Der Deutsche Straßenverkehr bereits im Juni 1967 erstmals erwähnt, zu sehen bekam man ihn dann aber erst 1972,
(in seinem sechsten Produktionsjahr), sehnlichst erwartet, wie alle Import-PKW.
Äußerlich nun schon mit rechteckigen
Scheinwerfern, horizontalen Rückleuchten und neuem Armaturenbrett war es der Facelift Typ 412 IE. In der DDR hieß er aber allgemein einfach 412-er,
den frühen 412 mit den Rundscheinwerfern kannte man ja nicht.
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Die Autotester waren zunächst besonders von den Leistungsdaten des Fahrzeugs begeistert - einen PKW-Motor solcher modernen Bauart hatte es im ganzen RGW bisher noch nicht gegeben - und sollte es bis zur Wende auch in den folgenden 17 Jahren nicht mehr geben. Auch der Bremskraftverstärker und die Teleskop-Sicherheitslenksäule waren Attribute, die es bis dahin noch bei keinem DDR-Importfahrzeug gab. Die privaten Autokäufer dagegen waren durchaus geteilter Meinung. Immerhin waren seit der Entwicklung der Grundkarosserieform des Wagens nun schon acht Jahre vergangen und rein äußerlich sah der Wagen aus, wie der bereits bekannte 408 IE. Die gerade eingetroffenen ersten Ladas (sie hießen noch "Shiguli") mit ihrer moderneren Fiat-Karosserie und Innenausstattung kamen trotz der kleineren 1,1 bis 1,3 Liter-Graugußmotoren bei der Gunst der Käufer oft besser weg. Als Lada später seine Motorenpalette ausbaute und leistungsfähige 1500-er und 1600-er Motoren liefern konnte, wurde für die meisten DDR-Bürger diese Ladas zum begehrtesten Fahrzeug der schmalen Automobilpalette in der DDR. |
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Der Moskwitsch 412 wurde in der DDR das Auto für Leute, die einen starken, bequemen und robusten Wagen suchten und vielleicht auch etwas von Motoren und Wartung verstanden.
Dafür war er in Russland konstruiert worden und man akzeptierte, das er mehr "Sein" als "Schein" war, freute sich über seine Unverwüstlichkeit, seine Wartungsfreundlichkeit,
seine Eigenschaften als Zugfahrzeug für schwere Wohnanhänger und darüber, wenn er in der kleinen DDR auf der Autobahn am steilen Berg immer noch auf böse 110 km/h beschleunigen konnte
und dabei alle anderen Karossen förmlich stehen ließ.
Viele blieben ihm auch noch in seinem neuen Kleid als 2140 und nicht selten bis zum Ende der DDR treu.
Es war nicht verwunderlich, das der Moskwitsch auch über Jahrzehnte den Dienstwagen für die Landwirtschaft oder für die Landarztambulatorien der DDR stellte. |
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Die späteren Typen
Anfang der 70-er Jahre ging der Ende der 60-er mit dem 412-er gerade erst gewonnene Anschluss an den Weltstandard wieder verloren. Zunächst gelang es nicht einen neuen Typ 355 (mit modernerer Karosserie und Motoren von 70 bis etwa 100 PS und Automatikgetriebe) in Serie zu bringen.Unten ein Prototyp. |
Man beschränkte sich statt dessen auf die Weiterentwicklung des Typs 408/408IE zum Typ 2138 und des Typs 412/412IE zum Typ 2140. Ihre Robustheit erbten sie von den Vorgängermodellen, aber leider auch in zu vielen Dingen deren technischen Stand. Es blieb bei der starren Hinterachse mit Blattfedern. Die Karosserie war nicht mehr zeitgemäß. Außerdem war man mittlerweile bei Autos dieser Klasse mehr Breite und einen tieferen Schwerpunkt gewöhnt. |
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Als in den 80-er Jahren dann endlich mit dem Typ 2141 ein neues Fahrzeug erschien, war dieses bereits technisch überholt. Bezeichnenderweise gab es für diese Modell u.a. immer noch eine Motorisierung mit dem guten, jetzt aber doch auch etwas alten 412-er Motor. |
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Auch Bemühungen in den 90-er Jahren wieder zum automobilen Weltstandard aufzuschließen scheiterten. Man baute bei AZLK neben dem Typ 2141 Mittelklasse Limousinen und Coupés mit Renault Motoren, welche man in unseren Breiten jedoch nicht mehr zu Gesicht bekommen hat. Für den Export eigneten sie sich nicht. Das Werk ging 2004 in Konkurs. |
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