Das Konzept des Moskwitsch


"Der Moskwitsch ist ein Auto, das für fast alle vorstellbaren rauen Bedingungen gebaut ist. Er wird dort gezielt eingesetzt, wo ein Liegenbleiben den sicheren Tod bedeuten kann, wenn man das Fahrzeug nicht wieder zum Laufen bekommt. ... Auch in unserer Vorstadt-Zivilisation, wo ein Mann nicht stirbt, wenn sein Motor ausfällt, gibt es eine Menge Gründe, die für ein robustes, leicht zu wartendes Auto mit einem nahezu unzerstörbarem Chassis sprechen." (Fahrzeugtest des Moskwitsch 412, AUTOSPORT vom 9.12.1971, John Bolster)

Eigentlich sagt dieser Auszug aus einer britischen Autozeitschrift schon alles. Die Vor- und auch die Nachteile des Autos erklären sich aus seinem Konzept als robuster PKW, geeignet für Tundra und Taiga, aber auch für die Straßen Moskaus (Moskvich="Moskauer"). Das Auto mußte über Stock und Stein fahren können, der Motor sollte dauerhaft und leistungsstark sein und selbst bei niedrigsten Temperaturen anspringen und fehlerlos laufen. Wenn etwas dennoch auf weiter Flur zu reparieren war, so mußte dies auch ohne großen Werkstattaufwand zu machen sein, falls Wladiwostok noch weit war. Letztlich sollte auch die Möglichkeit bestehen, im Wagen bequem übernachten zu können.

All diesen Ansprüchen wird der Moskwitsch 412 wie kaum ein anderer PKW seiner Zeit gerecht. Dabei wurde bei bestimmten Baugruppen über Jahrzehnte konsequent an bewährter Technik des Vorgängermodells festgehalten, und das hatte neben ökonomischen auch andere gute Gründe: Der Wagen sollte auch mit herkömmlichen Mitteln überall repariert werden können. Außerdem brachten neue Kraftfahrzeugtechniken nicht unter allen Bedingungen Vorteile (ein gutes Beispiel sind die robusten Starrachsen, die noch heute in "echten" Geländewagen verbaut sind). Die Auf- und Abwärtskompatibilität mancher Teile brachte zudem den Vorteil, das bestimmte Verschleißteile über Jahrzehnte immer als Ersatz vorhanden waren.*

*Die Kompatibilät ging so weit, das die Gebrauchtfahrzeuge (im Osten ein wertvolles und dauerhaftes Gut) sich über die Jahre sogar äußerlich und innerlich mit verjüngten. Aus einem 66-er Moskwitsch 408 konnte äußerlich und innerlich somit schnell ein 74-er 412ie, später sogar noch ein 85-er 2140 werden. Es wurden ganze Karossen gewechselt, insbesondere in den späten 80-ern, als es in der DDR immer schwieriger wurde, neue PKW´s zu kaufen. Da solche Metamorphosen nicht selten waren, sollte man sich einen gebrauchten Mossi immer genau anschauen, ob wirklich noch ein Originalzustand vorliegt, wenn man darauf Wert legt.