Moskwitsch 412 "Fachpresseschau"


Wer sich mit Oldtimern beschäftigt kennt das vielleicht: mit den Jahren wird es immer schwieriger, sie in ihren eigentlichen zeitlichen Kontext einzuordnen. Beim Moskwitsch ist das nicht anders. Die Geschichten mit den Opel und BMW-Motoren bei Moskwitsch haben ja noch ihr Körnchen Wahrheit (siehe Kapitel Technik). Aber manche Leute meinen, der Moskwitsch sei anfällig und störrisch gewesen, manche meinen, er sei ein russiches Urtier, was man nur im Osten und in der Taiga gefahren habe. Dann gibt es wiederum Leute, die glauben, er wäre sogar mit Sechszylindermotoren unterwegs gewesen. Die Motoren seien in BMW Lizens gebaut worden und andere Mythen.

Deshalb kommt hier eine ausführliche Presseschau zum Typ 412. Ich zitiere dabei einige Abschnitte zeitgenössischer Fahrzeugtests aus östlichen wie westlichen Automobilzeitschriften.

Wie gesagt handelt es sich nur um Auszüge im Sinne des Zitatrechtes, um meine Aussagen zum Moskwitsch 412 auf diesen Seiten zu belegen und ich empfehle natürlich jedem, den gesamten Artikel im Orignal zu lesen. Sollte sich dennoch jemand hier in seinen Urheberrechten verletzt fühlen, genügt eine kurze eMail und ich werde den Abschnitt sofort entfernen.


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1971 Autosport - "Moskvich - ein Auto für das Land"

Dem ehemalige Rennfahrer John Bolster, der für diese britische Zeitschrift viele Jahre die Fahrzeugtests schrieb, gelang hier in der Ausgabe vom 9.12.1971 die treffenste Bewertung des Moskwitsch 412, die ich kenne. Der Artikel ist sehr lesenswert auch in seinem sympatischen Fazit.

Einige Auszüge:

"Die Fahrzeugtests von AUTOSPORT umfassen eine breite Fahrzeugpalette und meine Garage beherbergt deshalb oft Fahrzeuge wie Rolls-Royce, Ferrari, Jensen oder Jaguar. Dennoch werden die meisten unserer Leser nicht nach Fahrzeugen dieses Kalibers streben und vor kurzem kamen Fragen zum Moskwitsch auf. Der Preis ist buchstäblich Hunderte von Pfund billiger als bei anderen Autos vergleichbarer Größe und Leistung, und die 100-prozentige Zuverlässigkeit des Moskwitsch im World Cup und beim London-Sydney-Marathon blieb nicht ohne Beachtung.

Menschen, die ihre Autos kaufen, um damit die Nachbarn neidisch zu machen, können hier aufhören zu lesen. Ein Moskwitsch ist etwa so glamourös wie ein Morris Oxford, aber für denjenigen, der jeden Tag raue Feldwege befährt, oder einen Rennwagen auf einem Anhänger ziehen und den Kofferraum mit Reifen und Werkzeug füllen will, ist das schön, was nützlich ist. Mit seiner herkömmlichen Querlenker Frontpartie und der starren Hinterachse unterscheidet sich der 412-er im Fahrverhalten und in der Straßenlage nicht wesentlich von anderen bekannten Fahrzeugen ähnlicher Bauart. Wo er in einer anderen Liga spielt, sind ausgefahrene, raue Feldwege mit massiven Schlaglöchern. Selbst bei absurden Geschwindigkeiten versagt die Federung dieses robusten Autos nie und neben Allradfahrzeugen ist es ein ideales Fahrzeug für den Mann auf dem Lande. ...

... Das Auto fährt auch gut auf besseren Straßen, aber es gibt einige spürbare Nickbewegungen auf unebenem Straßenbelag, insbesondere wenn der Fahrer allein im Fahrzeug sitzt. Auf wirklich rauen Straßen aber werden die Bodenwellen in einer erstaunlichen Weise geschluckt. Der Testwagen war mit Michelin ZX Reifen ausgestattet, mit denen das Kurvenverhalten sehr zufriedenstellend und mindestens genau so gut wie bei Wettbewerbsmarken ist. Es ist bekannt, dass die Standard-Reifen aus der Sowjetunion geringere Kurvenfahrleistung insbesondere bei Nässe haben, aber die meisten Moskwitsch Händler sind zu einem preiswerten Austausch bereit. Entgegen dem modernen Trend hat das Fahrzeug noch Trommelbremsen rundum. ...

... Der Bremskraftverstärker ist kräftig, setzt aber sehr abrupt ein, was dazu führt, dass die Bremsen schlecht dosierbar sind. Nachdem man das Auto 10 bis 20 min gefahren hat, gewöhnt man sich daran und das Bremsen gelingt sanfter, aber es wäre nicht schwer, den Bremskraftverstärker so zu verändern, das er besser dosiert einsetzt.

Der Moskwitsch wird durch einen modernen Leichtmetallmotor mit obenliegender Nockenwelle angetrieben. Dieses imposante Aggregat ist etwas angewinkelt eingebaut und bemerkenswert gut Zugänglich. Das sehr komplette Bordwerkzeug verfügt über Spezialschlüssel für die komplizierteren Wartungesaufgaben, die in der Hardcover-Betriebsanleitung umfassend dargestellt sind. Ich persönlich liebe ein gutes Bordwerkzeug und ich habe wirklich einige der Servicearbeiten durchgeführt, nur aus Freude an der Arbeit unter solchen Bedingungen! Ein Beispiel für eine sinnvolle Konstruktion ist die Kraftstoffpumpe, die mit ihrem Filter am Zylinderkopf montiert ist, und die über eine Handbetätigung zum Pumpen verfügt, falls das Auto für eine Weile gestanden hat oder der Tank leergefahren war. Eine richtige Andrehkurbel hilft gegen die Befürchtung, weit von zu Hause mit einer ausgefallenen Batterie liegen zu bleiben.

Der Motor bildet mit dem Vierganggetriebe eine Einheit. Er hat jede Menge Drehmoment und die Beschleunigung gehört in die GT-Klasse bei Autos dieser Kategorie. Die guten Fahrleistungen werden durch sehr schnelle Gangwechsel unterstützt, obwohl der Testwagen einen ziemlich müde synchronisierten zweiten Gang hatte. Der 412-er ist bei Sprints zwischen 40 und 70 Stundenmeilen [65 bis 110 km/h] besonders agil, wo es sogar scheint, das er es schafft, einige Autos mit größerem Hubbraum zu schlagen. Er erreicht sehr schnell 90 Meilen pro Stunde [145 km/h], und könnte diese Geschwindigkeit den ganzen Tag halten, wird aber selbst unter günstigen Bedingungen nicht schneller. Vielleicht sind es einige technische Einschränkungen, wie beispielsweise die Größe der Vergaser-Öffnung, die Genosse Ivan davor bewahren, seinen Moskwitsch nach einem Gläschen Wodka zu überdrehen! Ich fuhr den Wagen oft für eine halbe Stunde konstant 90 Stundenmeilen [145 km/h], aber der Motor ist bei 80 Meilen pro Stunde [130 km/h] leiser, was dann auch eine sehr wirtschaftliche Reisegeschwindigkeit ist.

Der Motor hat einen kernigen Sound, wenn man auf das Gas geht, aber er ist nicht wirklich zu laut. Das Getriebe ist in den indirekten Gängen vielleicht lauter als es heutzutage üblich ist, vor allem im Schiebebetrieb. Die Windgeräusche beginnen erst bei sehr hohen Geschwindigkeiten aufdringlich zu werden, ungewöhnlicherweise können die Ausstellfenster dann immer noch ohne Dröhnen geöffnet werden, was auch gut so ist, da es keine einstellbare Lüftung für den Gesichtsbereich gibt. Die Heizung ist natürlich sehr leistungsfähig, wie man es von einem russischen Auto erwartet, wobei die über einen Bowdenzug einstellbare Kühlerjalousie für eine schnelle Erwärmung und ein Halten der Temperatur beim Anhalten unterwegs sorgt. Das Fehlen von Straßenlärm ist auf den meisten Straßenoberflächen lobenswert. Auf Radialreifen, fährt der Moskwitsch mit einem moderaten Rollwinkel schnell um Kurven. Die Lenkung ist ziemlich leicht und etwas indirekt, vermittelt aber aber bei forcierter Gangart ein gutes Lenkgefühl. ...

... Die Karosserie ist einfach, aber gut verarbeitet, es gibt keine Angriffsflächen für Rost. Dem Innenraum fehlt unnötiger Luxus, aber wenn die Sitze auch etwas nüchtern aussehen, sind sie für lange Reisen doch bequem; die Rückenlehnen lassen sich für einen kurzen Schlaf zurückklappen, was auf einer langen und anstrengenden Reise sehr nützlich sein kann. Der Stil der Instrumententafel verdient zwar Kritik, wir haben hier aber immerhin eines der sehr wenigen Fahrzeuge mit einem wirklich genauen Tachometer. Das Amperemeter ist etwas, was in keinem Auto fehlen sollte, gibt es doch die Möglichkeit, ein Entladen der Batterie z.B. bei Nachtfahrten rechtzeitig zu erkennen. Noch wertvoller ist die Öldruckanzeige, was Ihnen jeder Rennfahr bestätigen wird. Alle Anzeigen verfügen über eine genaue Skalierung, im Gegensatz zu jenen viel zu häufig verbauten Anzeigen, die einem nur sagen können: voll oder leer.

Der Moskwitsch ist ein Auto, das für fast alle vorstellbaren rauen Bedingungen gebaut ist. Er wird dort gezielt eingesetzt, wo ein Liegenbleiben den sicheren Tod bedeuten kann, wenn man das Fahrzeug nicht wieder zum Laufen bekommt. Das aufwendige Borwerkzeug mutet ein wenig belustigend an, wenn die Werkstatt nur unten, am Ende der Straße ist, aber es könnte ein Lebensretter sein, wenn ein selbst trivialer Defekt weit weg von menschliche Hilfe auftritt.

Trotz fehlender oberflächiger Anziehungskraft gelingt es diesem Auto aus der UdSSR viele kapitalistische Autos zu übertreffen, was ihre plutokratischen Eigentümer ärgern dürfte.

Ich selbst, den die Russen politisch wahrscheinlich als einen Aristokraten der extremen Rechten verurteilen würden, muss sie für diesen robusten kleinen Sputnik beglückwünschen, der viele unserer eigenen Prinzipien, die wir vielleicht unklugerweise schon beinahe vergessen haben, verkörpert.

Auch in unserer Vorstadt-Zivilisation, wo ein Mann nicht stirbt, wenn sein Motor ausfällt, gibt es eine Menge Gründe, die für ein robustes, leicht zu wartendes Auto mit einem nahezu unzerstörbarem Chassis sprechen."

John Bolster

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1971 Der Deutsche Straßenverkehr - "Maxi für Motorisierte? Wir fuhren den Moskwitsch 408 IE und 412"

Hier wird der Moskwitsch 412 zum ersten mal den DDR-Bürgern im Test vorgestellt und sein Import angekündigt. Es kam dann aber erst einmal nur der Nachfolger des 408, der 408/IE. Es sollte noch bis 1972 dauern, bis die ersten Fahrzeuge vom Typ 412 (eigentlich war es ja schon der Typ 412/IE) eingeführt wurden.

"Die äußeren Formen des Moskwitsch, die charakteristischen Linien der Karosserie, die wir bereits in unserem ersten Testbericht des Typs 408 im Februarheft 1967 als gut gelungen bezeichneten, haben auch heute noch nichts von ihrem gefälligen Eindruck eingebüßt. Durch die neu gestalteten Front- und Heckpartien mit den rechteckigen Scheinwerfern und den zum Teil horizontal angeordneten Heckleuchen hat der Wagen noch gewonnen, denn die Leuchten fügen sich esser in die Gesamtgestaltung ein als die bisherigen runden Scheinwerfer und senkrecht angeordneten Blink, Brems- und Schlußlichter. ..."

Karosserie und Ausstattung

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"Auf der hinteren Sitzbank ist der Platz für die zugelassenen drei Personen etwas knapper bemessen als im Polski Fiat oder Wartburg. Auf den vorderen Einzelsitzen sitzt mon recht bequem, Ermüdungserscheinungen wurden auch nach langen Fahrstrecken nicht empfunden. Die Form der Rückenlehnen könnte dem Körper besser angepaßt werden, sie bieten in schnell gefahrenen Kurven nur wenig Halt. Die fehlende Verstellmöglichkeit des Neigungswinkels der Lehnen empfanden wir nicht nachteilig. Zum Schlafen können die Lehnen wie bisher umgeklappt werden. ... Der Zündschlüssel schließt auch dis Türschloß der Fahrertür. Der Kofferraum wird mit einem Handgriff links neben dem Fahrersitz entriegelt. Der hinten in Wagenmitte liegende Tankverschluß wird von der Kennzeichentafel verdeckt, die sich nur bei geöffneter Kofferklappe herunterklappen läßt. Die Lage des Tankstutzens ist praktisch, weil es keine Rolle spielt, von welcher Seite an die Tanksäule herangefahren wird. Die Kennzeichenbeleuchtung ist jetzt in die Stoßstange eingelassen. Der beleuchtete Kofferraum erreicht nicht die Wartburggröße, zumal das schräg liegende Reserverad mehr Platz als üblich beansprucht. Er ist aber wesentlich geräumiger als der des Polski Fiat. Im lnnenraum gibt es außer dem Handschuhkasten und der Hutablage vor dem Heckfenster keine weiteren Ablagemöglichkeiten. Türtaschen oder ein Ablagefach unter dem Armaturenbrett zur griffbereiten Unterbringung von Kartenmaterial und ähnlichem vermißten wir. Der vordere, im Armaturenbrett eingelassene Aschenbecher ist zu klein geraten, so daß mehr danebenfällt, im Fondraum ist kein Aschenbecher vorhanden. Die Armstützen wurden körpergerecht angeordnet, sie stützen wirklich und dienen nicht nur als Türgriffe wie bei manchen anderen Typen. Für die Sitzbezüge, die Seiten- und Dachverkleidungen wurde strapazierfähiger Kunststoff gewählt, der sich gut abwaschen läßt.

Die Ausstattung mit Instrumenten ist im Vergleich zu anderen Wagen reichhaltiger. Außer dem Tachometer, dem Kühlwasserthermometer und dem Kraftstoffmesser sind Anzeigegeräte für den Öldruck und für die Ladekontrolle vorhanden. Das elektrische Monometer und das Amperemeter orientieren wesentlich besser über den jeweiligen Betriebszustand als die sonst üblichen Kontrollampen. Bei der Gestaltung des Kombinationsinstruments und des Armaturenbrettes standen aber wohl mehr formale als zweckmäßige Gesichtspunkte im Vordergrund. Ein Rundtachometer ließe sich leichter ablesen als die horizontal gestaltete Skale, deren Zeiger einen Kreis beschreibt. Und die glitzernde Ellipse, die die übrigen Instrumente einrahmt, lenkt eher von den lnformationen ab, die die Zeiger vermitteln. Die aus Gründen der Sicherheit auf dem Armaturenbrett und an den vorderen Dachholmen angebrachten Schaumgummiteile fügen sich nicht organisch in die Gestaltung ein. Auch die Verarbeitung mancher Kanten und Ecken im Innenraum und an der Außenseite (. B. Fenstereinfassungen) läßt zu wünschen übrig. Der Blinkschalter schaltet sich bei Rückdrehung des Lenkrades selbst aus. ... Das Licht der neuen, vom Wartburg bekannten Rechteckscheinwerfer ist ausgezeichnet. Diese Scheinwerfer bieten auch abgeblendet optimale Sichtverhältnisse. Im Vergleich zum Abblendlicht der mit vier Scheinwerfern ausgestatteten Wagen (Polski Fiat und eine Variante des Moskwitsch 408, die aber nur in wenigen Exemplaren in der DDR läuft) ist das ein Unterschied wie Tag und Nacht. Parkleuchten hat der Moskwitsch links und rechts, und die lnnenlampe schaltet sich auch beim Offnen der Fahrertür ein. Eine Lichthupe, die Blinkzeichen ermöglicht, ohne die Hand vom Lenkrad zu nehmen, vermißten wir noch. Die Schalter für die Scheibenwischer und für das Heizgebläse (beide mit zwei Geschwindigkeiten) liegen etwas versteckt hinter dem Lenkrad. Beim Gebläse ist das nicht weiter tragisch. Die Suche nach dem Wischerschalter – mit der rechten Hand – und nach dem Knopf der Scheibenwaschanlage – er liegt ganz links neben dem Haubenriegel ist weniger angenehm. Die Armakrobatik, zu der man während des Überholens gezwungen wird, wenn vorausfahrende Fahrzeuge die Windschutzscheibe mit nassem Straßenschmutz bespritzen, ist bei höheren Geschwindigkeiten nicht ungefährlich, Wischerschalter und Waschpumpe sollten zumindest mit der gleichen Hand erreichbar sein. Noch besser ist eine Kombination der Bedienungselemente, entweder als Fußknopf oder als Schalter an der Lenksäule, so daß man keine Hand vom Lenkrad nehmen muß. ...

Die Heizung des Moskwitsch gehört zu den wirksamsten, die wir kennen. Ihr merkt man an, daß sie noch strengeren Wintern als bei bei uns üblich Rechnung trägt. Das Heizaggregat ist auch dem Luftdurchsatz noch gewachsen, der sich bei voll geöffneter Luftklappe und Höchstgeschwindigkeit ergibt. Beim Gebläse reicht in den meisten Fällen schon die niedrige Drehzahlstufe, unm bei geringer Fahrgeschwindigkeiten oder im Stand für genügend Wärme und beschlagfreie Scheiben zu sorgen. Zur raschen Erwärmung des ausgekühlten lnnenraumes können die Heizklappen sogar auf Umluft geschaltet werden, ein Vorteil, den außer dem Moskwitsch nur noch der Wolga zu bieten hat. Dabei wird die Kaltluft nicht von außen vor der Windschutzscheibe angesaugt, sondern von innen unter dem Armaturenbrett. Die lnnenraumluft durchströmt bei jedem Umlauf immer wieder den Heizkörper und wird dabei jedesmal etwas wärmer, weil die angesaugte Luft bereits vom vorigen Umlauf vorgewärmt ist. Auf diese Weise kann man mit der hohen Gebläsedrehzahl schon während des Warmlaufs im Stand das Eis auf den Scheiben so weit auftauen, daß es sich leicht abwischen lässt."

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Die Fahreigenschaften

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"Wir führen es in erster Linie auf diese [schräge} Stoßdämpferanordnung [der Hinterachse] zurück, daß der Moskwitsch geradeaus besser Spur hält als der Polski Fiat, dessen Dämpfer fast senkrecht eingebaut sind. Gegenüber Fahrbahnunebenheiten ist das Moskwitsch Fahrwerk relativ unempfindlich, lediglich grobes Kopfsteinpflaster veranlaßt die Hinterachse zum Trampeln und auch zum seitlichen Wegsetzen. Auf der Geraden sind diese, für nur an Längsfedern geführten Starrachsen typischen Reaktionen aber weit weniger ausgeprägt als beim Polski Fiat. ln Kurven verhalten sich beide Typen ähnlich. Auf nassen und schlüpfrigen Fahrbahnen rutscht die Hinterachse leicht weg bzw. lenkt durch seitliches Wegsetzen allein, so daß Lenkkorrekturen erforderlich sind, um die gewünschte Spur zu halten, Besonders auf Glatteis und schmierigen Fahrbahnen macht sich die nachgiebige Hinterradführung bemerkbar. Wagen mit einzeln an Lenkern geführten Hinterräde bei denen die Federn also nicht gleichzeitig Führungsfunktionen zu übernehmen haben, sind unter schwierigen Bedingungen, auf kurvenreichen Strecken unebenen, nassen und glatten Fahrbahn eindeutig im Vorteil.

Bei dem neuen Modell 408 IE wurde das Fahrverhalten gegenüber den früheren Führungen aber erheblich verbessert. Der Testwagen hatte breitere hochmoderne Hump Felgen (4 1/2 J X 13 anstelle 4 J x 13) und Superniederquerschnitt Reifen 6.45-13. Diese Reifen sind kleiner im Durchmesser, ihre Lauffläche ist aber erheblich breiter geworden. Der Schwerpunkt des Wagens liegt dadurch einige Millimeter niedriger über der Fahrbahn, und die Reifenaufstandsflächen sind wesentlich größer."

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"Die neuen Reifen erlauben höhere Kurvengeschwindigkeiten auch auf nassen Fahrbahnen. Der Wagen bricht nicht mehr plötzlich weit aus, sondern die Hinterachse rutscht geringfügig und allmählich nach der Seite, wenn die Haftgrenze überschritten wird. Während auf schlüpfrigen und glatten Fahrbahnen der Wagen bisher mitunter unerwartet rutschte und erhebliche Korrekturen erforderte, um den gewünschten Kurs wieder herzustellen, kündigt sich das Rutschen nunmehr allmählich an. Man kann den Wagen mit geringfügigem Lenkausschlag gewissermaßen schon vorher abfangen, bevor das Rutschen erst richtig beginnt. Meistens genügt es schon, ein wenig Gas wegzunehmen, um den Wagen zu stabilisieren. An dieses Verhalten kann man sich gut gewöhnen. Die speziellen Eigenschaften lassen sich im voraus kalkulieren, so daß man sich insgesamt sicherer fühlt. Im Hinblick auf den neuen Motor ist das auch notwendig, denn 75 PS – die anderthalbfache Leistung – wollen erst einmal auf die Straße gebracht werden. Hätte der 412 die schmalen Reifen 6.00-13 gehabt, so wären wir angesichts der Straßenverhältnisse im Januar wohl mehr schräg oder rückwärts als geradeaus gefahren. Mit den Reifen 6.45-13 war das Fahren dagegen auch auf den nassen und schlüpfrigen Fahrbahnen ein Vergnügen. Und als der Wagen einmal bei 140 km/h (auf der Teststrecke) in einer Senke plötzlich zu rutschen begann – vermutlich war dort Frostschutzlauge zusammengelaufen und hatte Schmierseife erzeugt ,genügten ein winziger Lenkausschlag und geringfügig weniger Gas, um den Wagen sofort wieder voll in der Gewalt zu haben. In den unteren Gängen war es mit der starken Maschine jederzeit möglich, in Kurven die Haftgrenze zu überschreiten. Mit mehr oder weniger Gas und entsprechend durchdrehenden Hinterrädern ließen sich die verschiedensten Schrägstellungen wählen, in denen der Wagen durch die Kurve driftete (Sportfahrer bezeichnen das als Powerslide), er brach aber bei diesen Versuchen niemals unvermittelt aus, sondern ließ sich im Grenzbereich stets gut beherrschen. Die Unterschiede im Fahrverhalten mit den verschiedenen Reifen sind so ausgeprägt, daß man viel umfangreichere Änderungen vermuten würde."

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Die Bremsen

"Die hydraulische Betriebsbremse, vorn Duplex-, hinten Simplex-Trommelbremsen, ermöglicht gute Bremsverzögerungen, wenn ihre Werte auch an die der mit Scheibenbremsen ausgestatteten Wagen nicht ganz heranreichen. Der Moskwitsch 412 hat zusätzlich einen Unterdruck-Bremskraftverstärker, der den Kraftaufwand am Bremspedal wesentlich reduziert. Normalerweise genügt ein Antippen des Hebels, wobei die Bremsen beinahe noch schärfer ziehen als die Scheibenbremsen des Polski Fiat. Die gegenüber den Scheibenbremsen höhere innere Verstärkung der Duplex- bzw. Simplex-Trommelbremsen läßt aber auch geringfügige Unterschiede in den Reibwerten deutlicher in Erscheinung treten. Auf nassen und schmierigen Fahrbahnen ist deshalb die Neigung zum Schiefziehen größer als ohne Bremsverstärker. Die Handbremse wirkt im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen ausreichendvorausgesetzt, sie ist richtig eingestellt."

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Der Motor 412

"Der neue Motor hat mit der Maschine des 408 nichts mehr gemein. Seine Kurbelwelle ist fünffach gelagert, der Motorblock besteht aus Leichtmetall mit eingesetzten Zylinderlaufbüchsen. Die Ventile sind V-förmig angeordnet und über Kipphebel direkt von der im Zylinderkopf liegenden Nockenwelle gesteuert. Eine Kette mit Spannvorrichtung treibt die Nockenwelle, die auch die seitlich am Kopf angeordnete Kraftstoffpumpe betätigt. Der Verteiler und die Zahnradölpumpe werden von der Kurbelwelle angetrieben. Im Hauptstrom des Schmierkreislaufes liegt ein Feinfilter mit Papiereinsatz und Überströmventil, falls er einmal verstopft sein sollte, Der Filter ist vorn am Motor angeblockt und von unten zugänglich, Die Zündkerzen sind auf der Auslaßseite (rechts) oberhalb des Auspuffkrümmers gut erreichbar. Auch an die links liegenden Aggregate, Drehstromlichtmaschine (mit Transistor Regler) und Anlasser sowie an den Ölmeßstab kommt man durch den um 20 ° nach rechts geneigten Einbau des Motors besser als bisher heran. Der Doppelfallstromvergaser entspricht im Aufbau dem des Typs 408, anstelle des voluminösen Ölbadluftfilters hat der 412 einen kleineren Filter mit Papiereinsatz. Lichtmaschine und Wasserpumpe werden über einen Keilriemen getrieben. Der Ventilator hat Plastflügel, die, in unterschiedlichen Abständen angeordnet, weniger Geräusche verursachen."

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"Unsere gestoppte Höchstgeschwindigkeit auf der Teststrecke betrug genau 150 km/h, die Beschleunigung bis 80 km/h 10,5 s, bis 100 km/h 17,5 s, bis 120 km/h 29,5 s Damit läßt der 412 die übrigen bei uns handelsüblichen Wagen einschließlich Wolga buchstäblich stehen. In den unteren Gängen – der erste reicht bis etwa 45 km/h, der zweite bis 75 km/h – kann man auf nassen Straßen die volle Leistung kaum ausnutzen, da drehen die Räder durch, Überholvorgänge sind aber auch im dritten Gang hinsichtlich der Schnelligkeit und Kürze der Überholwege imponierend. Im dritten liegt das maximale Drehmoment bei 50 km/h, und bis etwa 115 km/h kann man ihn ausfahren. An den üblichen langen sechsprozentigen Autobahnsteigungen verfügt der Motor noch im vierten Gang über beträchtliche Beschleunigungsreserven, wenn man ihm bei 100 km/h mehr Gas gibt. Für 100 km/h reicht an solchen Steigungen schon etwa Halbgas. Bei Vollgas zieht er diese Steigungen, an denen die meisten anderen Wagen gerade die innegehabte Geschwindigkeit einigermaßen einhalten, aber nicht mehr beschleunigen, mit reichlich 130 km/h hoch.

Bis etwa 110 km/h hört man vom Motor nicht viel. Die Windgeräusche, vor allem die von den Kanten der Dreiecksfenster verursachten, sind wesentlich lauter. In höheren Drehzahlen, nach Einsatz der zweiten Vergaserstufe, mit der der Motor erst richtig munter wird, tritt das kraftvolle Brummen stärker in Erscheinung. Auf Fernverkehrsstraßen sind die Leistungsreserven, über die dieser Motor verfügt, ein erheblicher Gewinn an Sicherheit. Der betriebswarme Motor nimmt sofort Gas an und dreht hoch, so daß der Wagen einen Lastzug oder langen Sattelschlepper etwa genau so schnell überholt wie z. B. der Polski Fiat ein Einzelfahrzeug. Dieses im Vergleich zu den anderen bei uns bekannten Pkw enorme Beschleunigungsvermögen beeinflußt die Reisedurchschnittsgeschwindigkeiten in weit stärkerem Maße als die hohe Spitzengeschwindigkeit, die man normalerweise ohnehin nicht ausnutzen kann und noch StVO auch nicht fahren darf. Oberhalb 140 km/h wird es auch ungemütlich. Man spürt, wie die Lenkung schon auf feuchter Fahrbahn weich wird, weil die Reifen auf Grund des Wasserfilms die Haftgrenze erreichen.

Schnell fahren kostet auch Kraftstoff. Unsere Verbrauchswerte lagen zwischen 11,7 und 13,4 l/100 km, wobei überwiegend schnell gefahren und scharf beschleunigt wurde. Wir hatten den Moskwitseh 412 nur kurze Zeit und daher keine Gelegenheit, die sonst üblichen Verbrauchsdifferenzen zwischen sanfter und scharfer Fahrweise, zwischen Kurzstrecken- und Langstreckenfahrten zu ermitteln. Diese Prüfungen holen wir in einem späteren Test nach. Zur Zeit stehen der Liefertermin und der Preis des 412 noch nicht fest, Der uns zur Verfügung stehende Wagen entsprach auch noch nicht in allen Details der endgültigen Version des 412. Er vermittelte aber Fahreindrücke, die die Erwartungen, die wir an dieses neue Triebwerk stellten, noch übertrafen. Das gilt auch für die Fahreigenschaften und die Straßenlage, die aufgrund der Superniederquerschnittreifen doch wesentlich besser sind, als wir zu hoffen wagten."

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Eberhard Preusch

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1969 Za Rulem - "5000 km mit dem Moskwitsch 412"

Das ist der früheste Autotest, den ich bisher zum Moskwitsch 412 fand. Der Artikel ist leider auf russisch, er ist also erst einmal nur etwas für echte Insider :-). Wer aber die Sprache gut kann und Lust hat, den Artkel zu übersetzen kann das gern tun. Am Ergebnis wäre ich natürlich sehr interessiert :-)

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Ergänzung:

Zwei Artikel zum Vorgängertyp Moskwitsch 408

Die alten britischen Fahrzeugtests lese ich besonders gern. Sie sind oft sehr zutreffend und manchmal blitzt auch etwas britischer Humor durch. Im Vergleich zur überzogen sachlichen ostdeutschen Automobilpresse verliert sie sich nicht so schnell in Kleinigkeiten, kennt ein paar mehr Vergleichsfahrzeuge als nur Wartburg, Skoda und Lada und traut sich auch mal zu sagen, das der Moskwitsch halt als russisches Auto in erster Linie ein robustes Fahrzeug für schlechte Straßen, Kälte und grobmaschiges Servicenetz ist. Kein Wort davon in ostdeutschen KFZ-Tests (es hätte den großen Bruder ja kompromittieren können). Dafür wird es manchmal richtig unfreiwillig komisch, wenn z.B. in der Zeitschrift Kraftfahrzeugtechnik (KFT) von 1973 die Pneumantreifen und Ruhla-Scheinwerfer des Moskwitsch 412 (beide aus DDR-Produktion) besonderes Lob bekommen, das Fahrverhalten in Grenzsituationen und der vorhandene Bremskraftverstärker aber auch ein zu kleiner Aschenbecher viel Kritik ernten. Wer die DDR und ihren bescheidenen PKW Bestand kennt, muss etwas lächeln. Man stellt sich vor, wie der Autor nach dem Verfassen des Artikels in seinen Trabant oder Wartburg steigt und mit blauem Auspuff knatternd nach Hause fährt (ohne mit den 26 Trabant- bzw. 50 Wartburg-PS die Straßenhaftung je verlieren zu können oder etwa einen Bremskraftverstärker zu brauchen. Und die Asche fällt dabei auch nicht daneben...).

Aber ich schweife ab, zurück zur britischen Automobilpresse. Wie gesagt, geht es hier um zwei ältere Artikel über den Moskwitsch 408, die in den zitierten Aussagen aber auch auf den Moskwitsch 412 zutreffen, der zwei Jahre später die gleiche Karosse bekam. In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, das beim späteren Moskwitsch 412 genau die hier genannten Vorzüge des 408 wie Fahrwerk und Wartungsfreundlichkeit erhalten blieben, die angesprochenen Nachteile wie Motorleistung, Getriebe und Bremsen aber beseitigt wurden. Das spricht für die Tester wie auch für die Konstrukteure.

1966 Motor: "Ein russisches Paradoxon"

Hier wird in der Ausgabe vom 13. August 1966 eigentlich der Moskwitsch 408 besprochen und das robuste, komfortable Fahrwerk, die Wartungsfreundlichkeit und der unermüdlichen Motor des Moskwitsch 408 besonders gelobt, aber auch vermerkt das "der Mangel an Aufmerksamkeit für Themen wie Vibrationen und Getriebegeräusche, schwergängige Bremsen und die schlechte Beschleunigung viel von der Sahne aus der Borschtsch genommen hat".

Das Styling ist unaufdringlich und das Auto weist - typisch russisch - eine hohe Bodenfreiheit auf, ein Erfordernis des Wetters und der Straßen Russlands. Der Grundaufbau ist bewußt einfach gehalten, um eine einfache Wartung und Reparatur sicherzustellen - die nächstgelegene Werkstatt kann ein paar hundert Werst und ein paar Schneestürme weit weg sein. Das Bordwerkzeug kann vollständiger nicht sein und die Grundkonzeption des Fahrzeuges ist ganz auf eine bequeme Fortbewegung unter Verzicht auf unwesentliche Dinge ausgerichtet.

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Man bekommt viel Auto und Ausrüstung für den Preis von 679 Pfund, mit einiger "Luxus" Ausstattung wie Liege-Sitze, Zigarettenanzünder, Heizung und Radio. ... Die Sitze ... sind bequem. Die Lenkung ist relativ leichtgängig und direkt und lässt sich sicher handhaben. Leider steht für den Rechtslenkertyp noch kein m.p.h. (Miles pro Stunde) Tacho zur Verfügung. Es gibt wirklich kein westliches Äquivalent, das so viele "extra" Funktionen in einem so unverfälschten Lowcost Basisfahrzeug zur Verfügung stellt. Der Moskwitsch [408] ist ein Paradoxon - das Design ist "Groß", aber der Mangel an Aufmerksamkeit für Themen wie Vibrationen und Getriebegeräusche, schwergängige Bremsen und die schlechte Beschleunigung hat viel von der Sahne aus der Borschtsch genommen. Vielleicht wird der Renault-Einfluss demnächst den letzten Schliff geben.

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Handhabung

Der Moskwitsch ist eines jener Autos, die sofort auf Lenkradbewegung reagieren und das Schneckenlenkgetriebene arbeitet völlig geräuschlos und ist frei von Spiel. Der Kraftaufwand ist für das kleine Lenkrad ziemlich gering, in allen Fahrsituationen ist die Lenkung direkt und praktisch ohne Rückschlagen. Der Lenkeinschlag ist durchschnittlich mit einem Wendekreis von 34 1/2 ft [10,5 m] und die Lenkübersetzung ist für die Fahrzeuggröße mit 3,6 Umdrehungen von Anschlag zu Anschlag normal.

Die Lenkung bleibt immer stabil, auch wenn der 408-er über holprige Wege gejagt wird und in dieser Hinsicht ist er ein großartiges Auto für die Autofahrer, die ausgetretene Pfade verabscheuen.

Das Kurvenfahren auf normalen Straßen sorgt ziemlich bald für eine gewisse Seitenneigung, aber danach neigt sich das Auto nur noch ein wenig weiter und es fährt stabil auf seinen Dunlop C41 Reifen bei einem praktisch neutralen Lenkverhalten. Es neigt aber zum übersteuern und rutscht relativ leicht bei Nässe. Wenn man es auf die Spitze treibt, hebt das innere Vorderrad von der Straße ab, wühlt sich aber trotzdem noch seinen Weg, wobei man einiges an Geschwindigkeit verliert, die Reifen quietschen aber nicht. Es ist natürlich ein Auto mit einem sehr hohen Schwerpunkt und man kann von ihm nicht erwarten, das es in der Kurve wie ein Brett auf der Straße liegt. Wir hatten zwar wenig Gelegenheit, das Verhalten des Fahrzeugs bei böigem Seitenwind zu testen, hatten jedoch den Eindruck, das das Fahrzeug auch bei Seitenwind spurtreu bleibt. Der 408er ist im Straßenverkehr sehr einfach zu manövrieren und dank seiner Übersichtlichkeit und seiner hohen Karosserieenden einfach zurückzusetzen und einzuparken.

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Comfort und Bedienung

Aufgrund seines relativ hohen Aufbaus bietet der Moskwitsch seinen Insassen mehr Beinfreiheit als man auf Grund der kurzen Karosserie vermuten würde, die Vordersitze lassen sich aber nicht weit genug nach hinten verstellen. In der hintersten Position haben die Fondpassagiere immer noch reichlich Kniefreiheit. Die Sitze sind bequem gepolstert, wenn auch ein wenig federnd. Ungewöhnlich ist der durchgehende Aufbau der vorderen Sitzbank bei einzeln kippbaren Rückenlehnen, die individuell auf einer Liege-Position abgesenkt werden können. Die Rückseiten bieten ein gewisses Maß an Halt für den Fahrer, da die Posterung in der Mitte weicher und an den Rändern härter ist. Die fast wie "am Tisch sitzen" Fahrerposition ist bequem und passt gut zur Position von Lenkrad und Pedalen. Bei heißem Wetter schwitzt man auf den Kunstledersitzen, so das hier Stoffbezüge erforderlich sind. Anhänger des Fahrens mit "Armlänge" werden eine kürzere Lenksäule bevorzugen.

Alle Bedienelemente sind bequem, wenn auch nicht logisch platziert - insbesondere der Schalthebel - aber im Allgemeinen schwergängig zu bedienen. Ungewohnt sind Dinge wie die Kühlerjalousie Verstellung; eine Scheibenwaschpumpe die mit Federkraft arbeitet und pumpt, wenn man den gezogenen Hebel loslässt; und ein Abblendlicht-Fußschalter, der so platziert ist, dass er vom Absatz des linken Fußes betätigt werden kann, wenn man auf die Kupplung tritt... Sie können also zwei Dinge gleichzeitig zu tun, wenn Sie wollen [ :-) ]. Für den linken Fuß gibt es keine bequeme Ruheposition.

Die Fahrt ist mit wenig Nicken gut gedämpft und das Rasen über eine nicht asphaltierte Straße verursacht nicht mehr, als einiges Poltern vom Fahrwerk. Ansonsten sind die Fahrgeräusche von der Straße sehr gering. Man kann sagen, desto schlechter die Straßenverhältnisse sind, desto besser verhält sich der 408-er darauf, es ist offensichtlich, das seine Radaufhängung für raue Fahrbahnverhältnisse gemacht ist.

Es gibt zwar keine seperate Lüftung für den Gesichtsbereich des Fahrers, aber die großen Ausstellfenster ermöglichen eine fast zugluftfreie Frischluftzufuhr für Fahrer und Beifahrer mit nur wenig Windgeräuschen. Bei geschlossenem Fenster ist das Auto aerodynamisch leise. Das Sommerwetter gab uns keine echte Gelegenheit, um die Heizung zu testen. Die Ausstattung des Wagens mit einer soliden, vom Innenraum regelbaren Kühlerjalousie, einem Ölkühler, den man bei Minusgraden abschalten kann, einem zweistufigen Heizungsgebläse, das durchaus den Eindruck macht, das es das Fahrzeug gut belüften kann und die Möglichkeit die Heizung zwischen Frischluft und Umluft einzustellen lassen keinen ernsthaften Grund zu, an der Wintertauglichkeit dieses Heizsystems zu zweifeln.

Die Fahrersicht ist dank einer großen Windschutzscheibe gut und obwohl die A-Säulen ziemlich breit sind, behindern sie die Sicht weniger als man erwarten würde, da sie relativ parallel zur Wagenmittellinie angeordnet sind. Der abblendbare Rückspiegel ist gut angeordnet, behindert nicht die Sicht nach vorn, aber nutzt nicht die gesamte Größe des Heckfensters für die Darstellung aus. Die vier Scheinwerfer geben ein helles, weißes Licht, das noch dadurch gewinnt, das es ziemlich weit unten im Kühlergrill unter der "Stirn" der Motorhaube angebracht ist. Sowohl Reichweite und Ausleuchtungs zur Seite sind angemessen. Zwei Fernscheinwerfer werden durch den Abblendschalter ausgeschalten und das verbleibende Paar ergibt eine gute Straßenrand Beleuchtung. Die inneren Lampen haben ungenutzte Abblendlichtglühfäden, eine Abblendschaltung mit vier Scheinwerfern wäre leicht möglich.

Armaturen und Innenausstattung

Das einzige moderne "Extra", das nicht in unserem Testfahrzeug vorhanden war, war die Lichthupe und die einzigen beiden kostenpflichtigen Zusatzoptionen im Wagen waren die Radkappen und die Britax Sicherheitsgurte. Alles andere ist inklusive und füllt eine beeindruckende Liste vom Autoradio über die Kleiderhaken bis zur Handlampe im Bordwerkzeug, die man in die Steckdose im Motorraum einstecken kann. Man findet weitere außergewöhnliche Dinge - welche im Abschnitt "Wartung und Instandhaltung" dieses Berichts behandelt werden.

Im Testfahrzeug ist der Tachometer und Kilometerzähler in km geeicht und die vier kleinen Zeigerinstrumente sind mit russischen Bezeichnungen in kyrillischen Buchstaben versehen: Amper - amps; Benzin - Benzin; Maslo - Öltemperatur [Übersetzer: hier (und auch auf der Legende zum Armaturenbrett-Bild in der Zeitschrift) ist ein Fehler: eigentlich wird hier der Öldruck angezeigt]; und Woda - Wassertemperatur. Die Anzeigegenauigkeit ist ausreichend. Der Tacho ist ideal positioniert, aber nicht sehr leicht abzulesen. Eine einstellbare Tachobeleuchtung ist vorhanden. Obwohl die passive Sicherheit sonst keine Berücksichtigung fand, ist die Tachoabdeckung nicht aus Glas sondern aus Kunststoff.

Die Kunstlederpolsterung sieht gut aus und ist von angemessener Qualität und der Bodenbelag besteht aus dicken, geriffelten Gummimatten mit einem Teppich über dem Getriebetunnel. Auf dem Boden rechts neben dem Fahrer ist ein Hebel zum Öffnen der Kofferraumklappe angebracht, das wiederum erlaubt es, den hinteren Nummernschildträger nach unten zu schwenken und so an den Verschluss des 10 Gallonen Tanks [45 l] zu gelangen. Mit anderen Worten bedeutet das, das bei abgeschlossenem Fahrzeug auch der Kofferraum und der Tank abgeschlossen sind. Es gibt eine Hutablage hinter den Rücksitzen und ein tiefes Handschuhfach unter einem Deckel im Armaturenbrett, sonst aber keine weiteren Ablagemöglichkeiten. Der Kofferrraum ist tief und fasste trotz des Ersatzrades bei unserem Test 6,5 Kubikfuß Gepäck.

Wartung und Instandhaltung

Für Autofahrer, die gern ihr Fahrzeug selber warten, muss der Moskwitsch 408 die Annäherung an das Paradies sein. Durch ein Herunterklappen des vorderen Nummernschilds kommt ein Loch für die Andrehkurbel zum Vorschein. Im Kofferraum findet sich ein Werkzeugset mit neun Schraubenschlüsseln, einer Luftpumpe, Reparaturlackfarbe und vielem mehr. Unter der Motorhaube warten Köstlichkeiten wie ein von vom Motor getrennter hoch angebrachter Ölfilter, ein Doppelfallstromvergaser mit Schauglas für die Schwimmerkammer, zwei rechteckige Deckel auf dem Ventiltrieb, die es nach dem Lösen von Flügelmuttern ermöglichen das Ventilspiel nachzustellen; ein Grobluftfilter, den man durch einen externen Hebel reinigen kann [Übersetzer: hier ist eher der mit einem Hebel reinigbare Grobölfilter am Motor gemeint, eine Verwechslung], es gibt einen Ölbadluftfilter; ein massiver und sehr genauer Zündungversteller an der Basis des Verteilers; Kühlwasserablasshähne, die ohne Schwierigkeiten erreichbar sind Unterbrecherkontakte, die man selbst in Abendgarderobe einstellen kann; und immer so weiter. Es gibt reichlich Platz um den Motor herum und die hohe Bodenfreiheit macht das Arbeiten von unten noch leichter. Und wenn alle Stricke reißen, gibt es eingebaute Abschleppösen. Quadratische Aufnahmen sind für den Wagenheber, desen Mechanik eines der schnellsten überhaupt ist. Selbst auf weichem Grund bringt man das Rad mit ihm binnen sechs Sekunden in die Luft. Diese Art der Fahrzeugbesitzer, die das alles genießen, werden wahrscheinlich auch nichts dagegen haben, das das Fahrzeug 13 Schmierpunkte besitzt, deren Abschmierung in 1500 Meilen-Abständen empfohlen wird. Die Bedienungsanleitung ist außergewöhnlich umfangreich.

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1967 Autocar: "Road Test Moskvich deluxe"

vom 2. November 1967 urteilte über den Moskwitsch 408 "Ein kostengünstiges, robustes, gut ausgestattetes Auto, dem es an Schlagkraft und Raffinesse fehlt. Fahrerposition, Bedienung, Fahrgefühl sind gut, weniger gut sind aber die Bremsen und die Schaltung ist sehr schwergängig und hackelig. Ein unermüdlicher, gering verdichtender Motor, der unter hoher Last die Tendenz hat rau und laut zu werden. Ein komplettes Werkzeug-Kit einschließlich einer Anlasskurbel werden mitgeliefert."

Im folgenden kommen einige Zitate aus dem Artikel, die auf den Moskwitsch 412 übertragbar sind, der wenig später mit der gleichen Karosse ausgerüstet wurde. Die Probleme mit Motor, Getriebe und Bremsen waren beim Moskwitsch 412 dann beseitigt.

In den 50 Jahren, die seit der Oktoberrevolution vergangen sind, haben sich die Russen einen Platz an vorderster Front im Bereich schwere Technologie gesichert, aber im Bereich Konsumgüter und besonders auch bei den Personenkraftwagen liegen sie noch weit zurück. Es gibt nur 500.000 Autos in der Sowjetunion und - so haben wir gelesen - nur 87.000 Meilen asphaltierte Straßen. Diejenigen Russen, die in der Lage sind, ein Auto zu kaufen, müssen dafür umgerechnet 1900 Pfund hinblättern - wohingegen man das Auto in Großbritannien - inkl. Steuern - bereits für 647 Pfund bekommt. Auf der anderen Seite kostet das Niedrigoctan-Benzin umgerechnet nur 18 Pennies pro Gallone [ca 4 Pennies/l]. Der Besitz eines privaten Kfz spielt in Russland noch keine große Rolle, aber die Nachfrage steigt. Das ist auch einer der Gründe dafür, daß Fiat eine komplette Fabrik errichten soll, um eine Version des Fiat 124 für den russischem Markt zu produzieren. Der Moskvich ist ein russischer Mittelklasse-Wagen, mit beeindruckenden Leistungsumfang auf dem Papier. Aber in mancher Hinsicht bleibt er nach unserer Meinung doch hinter den Standards aktueller europäischer Automarken zurück.

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Wir nehmen an, daß dieses Auto dafür konstruiert wurde, die meiste Zeit auf schlechten Straßen fahren zu können - und das geht auch richtig gut mit einer weichen Federung und Stoßdämpfern welche beim Ausfedern besser sind als beim Ansprechen auf kurze Schwingungen. Auf Straßen mit kleinen Unebenheiten vibrierte das Auto manchmal und es fällt dabei auf, das die Dämmung zwischen Karosse und Aufhängung besser sein könnte. Am Besten ist das Fahrverhalten auf richtig schlechten Straßen.

Unser Testauto war mit Dunlop SP41 Radial-Reifen ausgestattet, wobei russische Diagonalreifen eigentlich zur Serienausstattung gehören und Dunlop C41 Diagonalreifen gegen Aufpreis erhältlich sind. Die Straßenlage ist gut und auf trockenen Straßen konnten wir nie die Haftgrenze der Reifen erreichen. Die Schneckenlenkung erfordert einen durchschnittlichen Kraftaufwand. Für ein 13 Fuß und 6 Inches (4,1 m) langes Auto, ist der Wendekreis mit 36,5 Fuß (11,1 m) eher groß.

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Die Innenausstattung des Moskvich ist irgendwie eine Mischung aus antiquiert und modern. Die breite, geschwungene Oberseite des Armaturenbretts unseres Testautos war in einem blass-cremefarbenen Ton lackiert und spiegelte sich mitunter in der Frontscheibe, was dann den Blick auf die linke Straßenseite störte.

Das Kombiinstrument hat ovale Anzeigeinstrumente und mit seinen vielen Chromenoppen ein eher altmodisches Aussehen. Metallene T-Griffe unterhalb des Armaturenbretts dienen zum Regeln der Kühlerjalousie, des Heizungshahns sowie zum Öffnen der Motorhaube.

Ein Scheibenwischer mit zwei Geschwindigkeiten ist eingebaut.

Frischluft- und Umluftsysteme sind in der Heizung verbaut und es gibt ein 2 Stufen-Gebläse. Die Luftführung auf die Frontscheibe oder in den Fußraum steuert man über zwei handbetätigte Klappen. Ein separates Kaltluftgebläse gibt es nicht, auch keine Zwangsentlüftung - außer man öffnet die Fenster.

Die Lage der Pedale in Relation zum Sitz und Lenkrad sind gut, und die Winkel der Pedale ermöglichen eine komfortable Bedienung. Auch für Leute mit großen Schuhen ist genug Platz im Pedalraum. Der Abblendschalter war vielleicht etwas schwierig in der Rechtslenkerversion zu positionieren. Er ist auf dem Boden hinter dem Kupplungspedal angebracht, wo der Fahrer ihn mit seiner linken Ferse versehendlich auslösen kann. Vorn ist die Sitzbank durchgängig, die Sitzlehen sind jedoch geteilt. Auch wenn deren Neigung nicht individuell eingestellt werden kann, so kann man die Sitzlehnen jedoch flach zurückklappen und die Sitzbank nach vorn verstellen um so Platz zum Schlafen zu schaffen. Die Federung in den Sitzen ist bequem und die Form der Rückenlehnen gibt Halt. Überzogen sind die Sitze mit einem wenig ansprechendem Kunstleder, das bei warmen Temperaturen an der Bekleidung klebt. Das Ein- und Aussteigen ist beim Moskvich sehr einfach, da sich alle vier Türen weit öffnen lassen und der Fußraum hinten im Auto ist sehr großzügig bemessen. Käufer erhalten ein sehr umfangreiches Handbuch in einer etwas direkten englischen Übersetzung. Es gibt 16 Punkte, die alle 2000 Meilen (3200 km) abgeschmiert werden sollten. Für heutige Verhältnisse ist das Bordwerkzeug sehr umfangreich, es findet sich wirklich alles für eine komplette Wartung zu Hause, einschließlich einer Bordlampe und einer Dose Reparaturlack.

Vielen Dank an Daniel Wermke für die Übersetzung aus dem englischen Originaltext!


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